Wer die Logik von Hypes kennt, weiß, dass sich die wirklich entscheidenden Fragen erst dann stellen, wenn der Peak der ersten Aufregung wieder vorbei ist. Genau das erleben wir aktuell beim Thema Blockchain. Vergleicht man den Verlauf des Begriffs Blockchain bei den Google-Trends mit dem Verlauf des „Hype-Zyklus“,sieht man deutlich, dass wir uns gerade vom „Gipfel der überzogenen Erwartungen“ auf das „Tal der Enttäuschung“ zubewegen. In anderen Worten bedeutet das aber auch: Wir befinden uns mitten in der Phase, in der sich entscheidet, ob, wie und in welchen Bereichen sich die Blockchain als tragfähiges Konzept durchsetzen wird.

Typischer Verlauf eines Hype-Zyklus, bevor sich eine Entwicklung durchsetzt.

Zum Vergleich: Der Verlauf des Begriffs „Blockchain“ in den vergangenen fünf Jahren.

Wer das Thema Blockchain aufgrund der zahlreichen Krypto-Währungen wie Bitcoin, IOTA oder Ripple kennt, konnte in der letzten Zeit schnell zu der Ansicht gelangen, dass mit der Blockchain vor allem zwei neue Dinge entstanden sind. Erstens ein neuer, vergleichsweise undurchsichtiger Investitionssektor. Und zweitens eine relativ komplexe Technologie, die nicht besonders anwendungsorientiert ist. Als neue Währung für das digitale Zeitalter taugen aufgrund der hohen Kursschwankungen im Moment weder Bitcoin noch die meisten anderen digitalen Währungen.

Das Anwendungsprinzip aber, das all den Krypto-Währungen zugrunde liegt, sprich: die Blockchain, wird auf beispiellose Weise zu einer Neuordnung digitaler Geschäftsprozesse und ganzer Marktsegmente führen. Ich halte es darum für entscheidend, sich heute mit diesen Entwicklungen zu beschäftigen, sich auf eine mögliche strukturelle Veränderung vorzubereiten und diese im Idealfall mitzugestalten.

“Was aus der #Blockchain wird, entscheidet sich heute. Welchen Einfluss wird sie auf das Marketing haben?“

Was ist die Blockchain?

Die Blockchain ist letztlich nicht mehr als eine Kette von kleinen Datensätzen, die auf einem „verteilten System“, also einem Netzwerk von vielen verschiedenen Rechnern gespeichert sind. Gerade diese Form der dezentralen Speicherung macht die Blockchain so sicher. Will jemand eine Information fälschen, so müsste er sie gleichzeitig an allen Speicherorten verändern. Hacker müssten in tausende Systeme gleichzeitig eindringen, um die jeweils dort befindlichen, verschlüsselten Daten zu ändern.

Damit ist die Blockchain ist ein neues, sicheres System zur Speicherung von Informationen. Welche Informationen das sind, wird von der Technologie selbst in keiner Weise beschränkt. Es können Informationen darüber sein, wem welcher Anteil einer Währung wie Bitcoin gehört, oder Informationen darüber, wem ein bestimmtes Haus gehört, oder die Information, ob ich bei meiner nächsten Autofahrt von Düsseldorf nach München vollkaskoversichert bin.

Die Zahl und Variation an möglichen neuen Anwendungsbeispielen für die Blockchain nahm im Lauf der letzten Monate immer mehr zu. Der Blockchain wird unter anderem zugetraut als Vehikel für Verwaltungsaufgaben dienen zu können – zumindest theoretisch.  Änderungsmeldungen nach Umzügen müssen nicht mehr in den Ämtern vollzogen werden, die ersten Ehepaare haben ihre Eheverträge bereits in der Blockchain abgelegt und auch Wahlen (zum Beispiel auch bei Aktionärsversammlungen) können via Blockchain durchgeführt werden.

Smart Contracts und ihr Potential für das Marketing

Neben buchhalterischen Vorgängen steht im Zentrum der meisten Anwendungsfälle in der ein oder anderen Form eine komplexe Vertragsstruktur. Dabei lassen sich die vertraglich geregelten Gegenstände in Echtzeit verfolgen. Wenn ein bestimmtes, vertraglich geregeltes Ereignis in der Wirklichkeit eintrifft, passiert X oder Y. Im Bereich Supply-Chain-Management heißt das konkret: Wenn eine Lieferung auf Blockchain-Basis abläuft, wird die Zahlung einer bestellten Ware automatisch ausgelöst, wenn diese einen bestimmten Punkt passiert und dies digital registriert wird. Kommt eine Lieferung im Lager an und wird dabei direkt gescannt, kann die Information direkt in der Blockchain vermerkt und eine Zahlung automatisch ausgelöst werden.

Das Elegante an der Blockchain ist, dass hier Verträge vollständig digitalisiert abgeschlossen werden und auch ablaufen. Digitale Geschäftsprozesse werden damit nahtlos miteinander verknüpft und laufen integriert ab. Dadurch werden sie transparenter, sicherer und vereinfachen viele Aufgaben beispielsweise im Controlling oder der Buchhaltung.

In diesem Zusammenhang ist von Smart Contracts die Rede. Smart sind diese Verträge vor allem deswegen, weil sie automatisiert ablaufen können. Zudem lassen sich alle Events entlang der gesamten Lieferkette beziehungsweise von Services  in Echtzeit auswerten.

Neue Geschäftsmodelle und Möglichkeiten im Marketing

Die Smart Contracts ermöglichen neue Geschäftsmodelle, die bislang entweder nicht möglich waren oder deren Umsetzung nicht rentabel war. Das wird sich insbesondere auch im Marketing zeigen. Bereits vor einiger Zeit habe ich für ein Update im Bereich Programmatic-Advertising plädiert. Die Blockchain könnte genau das bringen: An die Stelle des Trading Desks tritt vermehrt der direkte Handel zwischen Publisher und Advertiser.

Der große Vorteil von Smart Contracts ist wie bereits erwähnt die enge Verzahnung von allen beteiligten Geschäftsprozessen. Für Advertiser bedeutet das mehr Transparenz und mehr Effektivität in Bezug auf ihre Aktionen und deren Erfolg. Daraus resultiert eine bessere Planbarkeit und eine Verbesserung der Entscheidungsqualität, weil die Blockchain genau registriert, was funktioniert und was nicht. Verfälschungen durch Aktivitäten von Bots und nicht-menschlichem Traffic gehören im Blockchain-Zeitalter ebenfalls der Vergangenheit an. Und nicht zuletzt lassen sich Werbemittel durch die Blockchain sehr viel genauer steuern als bisher. Denn in der Blockchain lässt sich genau festlegen, welche Nutzergruppen und welches Umfeld für eine bestimmte Marke überhaupt interessant sind.

“Die #Blockchain verbindet Publisher und Advertiser direkt miteinander – das könnte den programmatischen Handel von Werbung vollständig zu transformieren.“ Twittern

Erste erfolgversprechende Start-ups in diesem Segment nehmen bereits Fahrt auf. So agiert das Düsseldorfer Start-Up OMT genau in dem Spannungsfeld von programmatischer Werbung. OMT liefert mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und Blockchain-Real-Time-Analysen Lösungen zur Optimierung von digitalen Kampagnen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Dies bietet gerade für große Marken die Möglichkeit, wieder Herr über die eigenen programmatischen Vermarktungsaktivitäten zu werden und volle Kostentransparenz über allen Transaktionen zu erhalten.

Sicherheit für mobiles Internet und IoT

Das Thema Sicherheit ist zentral für den Erfolg von Marketing-Konzepten für die Bereiche Mobile und Internet of Things (IoT). Das Übertragen und Speichern gerade von persönlichen Daten stellt für viele Nutzer ein sensibles Thema dar. Mit der Blockchain könnte es das höchste Maß an Sicherheit bekommen. Insbesondere wenn es darum geht, bestimmte Aktionen und Prozesse miteinander intelligent zu verknüpfen, leistet die Blockchain eine große Hilfestellung.

• Sicheres Bezahlen ist gewährleistet
• Peer-2-Peer-Transaktionen lassen sich direkt integrieren
• Ad-Opt-in-System für Nutzer, die ihre Entscheidung in der Blockchain hinterlegen

Die Zukunft der Blockchain im Marketing

Ob sich die Blockchain in der Praxis durchsetzt und wie sie das Marketing verändern wird, wird sich zunächst an ganz praktischen Fragen entscheiden. Lassen sich die Vorteile bei der Geschwindigkeit von Transaktionen realisieren? Sind die Konzepte skalierbar? Fallen die Kosten in der Praxis tatsächlich geringer aus? Fragen wie diese lassen sich nur beantworten, wenn Advertiser Expertisen in diesem Bereich aufbauen und praktische Erfahrung sammeln. Aus diesem Grund ist jedes Unternehmen gut beraten, sich zu mindestens einmal intensiver mit den Einsatzmöglichkeiten der Blockchain zu beschäftigten, um dann selbst zu entscheiden, inwieweit der Nutzen dieser Technologie Rechnung trägt.