Marketing im digitalen Zeitalter funktioniert kaum mehr nach althergebrachten Standardrezepten. Die digitale Transformation macht es erforderlich, immer wieder innovative, neue und aktualisierte Konzepte zu entwickeln. Allein die Tatsache, dass wir mit dem Internet of Things sprechen werden, macht neue Denkweisen erforderlich – mit vernetzten Autos können wir ebenso sprechen wie mit den neuen Geräten wie Google Home und Amazon Echo. Auch Apples Siri und Microsofts Cortana sind auf allen möglichen Devices verfügbar. Facebook und Samsung werden sehr wahrscheinlich in diesem Jahr mit eigenen digitalen Assistenten nachziehen. Diese Entwicklung stellt nur einen Aspekt der aktuellen Tendenzen im Rahmen des Internet of Things dar.
Aus Marketing-Perspektive bedeutet das: Unternehmen und Marken, die nicht auf solche Entwicklungen reagieren und beispielsweise versuchen, ein Teil dieses Netzwerkes aus Assistenten zu werden, werden an Relevanz verlieren. Dabei glaube ich nicht, dass es sich hier nur um kurzfristige Trends oder nur eine Reihe neuer Buzzwords handelt. Das Internet of Things ist gekommen, um zu bleiben und es wird unsere Art zu wirtschaften und zu leben nachhaltig verändern.
Social Bots, digitale Assistenten und das Marketing im Internet of Things
Social Bots, manchmal auch Roboter-Software genannt, sind bereits heute Realität und teilweise wegen ihres fragwürdigen Einsatzes heftig umstritten. Richtig eingesetzt können Social Bots jedoch die Qualität des Service erhöhen, indem sie Kunden dabei helfen, schnell an die richtigen Informationen oder den passenden Ansprechpartner zu gelangen. Eine von QVC durchgeführte Studie ergab, dass schon heute 23 Prozent der Deutschen sich vorstellen können, sich von Software und Avataren beraten zu lassen, und 48 Prozent sagen:
„Wenn der Service gut und freundlich ist, ist es egal, ob ein Computer oder ein Mensch dahintersteckt“
Unser Verhalten, unsere Erwartungen und unsere Gewohnheiten werden sich in einer intelligent vernetzten Welt, die solche neuen Interaktionsmöglichkeiten bietet, radikal verändern. Insbesondere Marketer müssen sich frühzeitig auf diese veränderten Rahmenbedingungen einstellen. Der Wandel, der sich durch das Internet of Things vollziehen wird, ist bereits im vollen Gange. Mit anderen Worten: Der Handlungsbedarf besteht bereits heute.
Potenziale der digitalen Vernetzung
Was wir im Rahmen der digitalen Vernetzung der Dinge bislang erlebt haben, ist nur der Beginn einer umfassenden Transformation. Aus Telefon, Uhr, Fernseher und Auto wurden Smartphone, Smartwatch, Smart TV und Connected Car. Im nächsten Schritt entstehen daraus zusammenhängende Ökosysteme. Häuser und Wohnungen werden zu Smart Homes, aus Fabriken werden Smart Factorys und aus Städten werden Smart Citys. Was man sich bei der digitalen Vernetzung klar machen muss: Selbst kleinste Gegenstände können Teil eines vernetzten Ökosystems werden. In Amazons lokalen Ladengeschäften (Amazon Go) sind alle Produkte digital vernetzt. Kunden gehen einfach in das Geschäft, nehmen sich, was sie brauchen und beim Verlassen des Geschäfts wird der fällige Betrag über ihr Kundenkonto verrechnet.
Über die genaue Funktionsweise des Go-Supermarkts macht Amazon ein Geheimnis, aber auch mit weniger Aufwand lassen sich ähnliche Konzepte realisieren.
Unabhängig davon, ob und in welcher Form die Amazon-Supermärkte in Deutschland und anderen europäischen Ländern kommen werden, zeigt das Konzept doch eines ganz deutlich. Die digitale und die analoge Welt werden durch das Internet of Things stark miteinander verwoben und aus dieser Verbindung entsteht etwas Neuartiges. Das bedeutet auch eine riesige Chance für den lokalen Handel. Das Beispiel Amazon Go zeigt, wie das Internet of Things dabei helfen kann, dass stationäre Ladengeschäfte wieder an Attraktivität gewinnen können. In einer digital vernetzten bietet sich dem Vertrieb und dem Marketing ein vielfach größerer Handlungsspielraum. Allein weil die Fachkräfte und Experten in diesem Bereich Mangelware sind, müssen Marketer rasch reagieren.
“Das Internet of Things im Marketing bedeutet das Beste aus beiden Welten zu mobilisieren.“ Twittern
Das Internet of Things: Der status quo
Eine der größten Herausforderungen des Internet der Dinge im Bereich B2C ist seine relative Unbekanntheit bei den Menschen, aber auch die Bedenken in datenschutzrechtlicher Hinsicht, die sie damit verbinden. Daher stehen Unternehmen vor der wichtigen Aufgabe, das Bewusstsein für das Thema zu schaffen und den Blick dafür zu schärfen und zu kommunizieren, welche Vorteile das Internet of Things mit sich bringt. Zentral bei allen Bemühungen, das Internet of Things für sich zu nutzen, ist die Einsicht: Die Akzeptanz durch die Kunden ist ein wichtiger Bestandteil des Erfolgs von neuen Konzepten.
Ein kurzer Blick in die Geschichte zeigt, wie viele technische Innovationen bereits in den vergangenen Jahrzehnten vor ihrem eigentlichen Markterfolg vorgestellt wurden, ohne dass die Kunden viel Notiz davon genommen haben. Selbstbedienungskassen gab es bereits in den 1960er Jahren, Bildtelefonie und Tablet-Vorläufer wie die von Palm oder Smartphones von Blackberry in den 90er Jahren. Konzepte wie diese kehren heute zurück und werden zum großen Erfolg. Viele nutzen bereits ganz selbstverständlich vernetzte Geräte wie Wearables, Phablets, Smart TV, intelligente Thermostate, Toaster und Lampen. Und das vielleicht ohne das Bewusstsein, dass es sich dabei um Bestandteile des Internet of Things handelt. Aber nicht nur bei den Verbrauchern selbst, sondern auch im Marketing muss ein umfassendes Verständnis für das Internet of Things entstehen.
“Akzeptanz durch die Kunden ist ein Erfolgsfaktor von Marketing im Zeitalter des Internet of Things.“ Twittern
Die Customer Journey im Internet of Things
Aufgrund der digitalen Vernetzung müssen neue, alternative Denkweisen entstehen. Marketing kann nicht länger „nur noch“ Werbung bedeuten. Insbesondere Geräte mit kleineren Displays machen diese Form des Marketings obsolet, da Kunden kaum auf Anzeigen klicken werden, wenn sie dadurch genervt sind. Ich bin der Überzeugung, dass wir darum vielmehr über neue Formen des Marketings nachdenken müssen. Das Internet of Things eignet sich dazu, Kunden einen echten Mehrwert zu bieten. Ein sehr gelungenes Beispiel sind die vernetzten Lego-Steine, die in Kombination mit einer App oder dem Web zusätzliche Interaktionsmöglichkeiten bieten.
Auch die klassische Customer Journey muss neu gedacht werden. Die Vorstellung vom fünfstufigen Sales-Funnel von der Zielgruppendefinition über den Erstkontakt bis hin zum Verkauf ist längst nicht mehr zeitgemäß. Gerade im Bereich des Mobile Marketings erleben wir, dass die Customer Journey immer kürzer, spontaner und emotionaler wird. Google hat dafür den Begriff der „Micro-Moments“ geprägt. Das Ziel dieses neuartigen Konzept ist es, die Bedürfnisse der Kunden besser zu verstehen und zu bedienen.
Das Internet of Things und Big Data sind unabdingbar miteinander verknüpft
Zu guter Letzt wird Marketing im IoT-Zeitalter nur zum Erfolg, wenn ein wichtiger Baustein nicht aus dem Blick gerät: Daten. Die Vielzahl an vernetzten Dingen führt zu einer wahren Datenexplosion. Diese Daten liefern wertvolle Einsichten über die Wirksamkeit und die Reichweite von Kampagnen und Marketing-Maßnahmen. Sie ermöglichen beispielsweise genaue Erkenntnisse über den Return-on-Investment (ROI) und verbessern gleichzeitig die Customer Journey. Johnny Walker kann mit Hilfe von Klebeetiketten den vollständigen Lebenszyklus einer jeden Whisky-Flasche nachvollziehen.
Das bringt Vorteile für das Unternehmen aber auch für das Kundenerlebnis. Dank der Smarten Flaschen wird transparent, wie lange und wo eine Flasche gelagert wurde. Das Risiko von Fälschungen wird faktisch eliminiert und durch die Tracking-Möglichkeit wird Diebstahl entlang der Lieferkette erschwert. Sogar die Qualität der Produkte – in diesem Fall des Whisky, denkbar ist das Prinzip aber auch bei anderen Lebensmitteln oder Medikamenten – kann durch die smarten Labels erhöht werden. Sobald eine bestimmte Lager-Temperatur überschritten wird, signalisiert dies das Etikett.
Marketing, das an den Bedürfnissen und Verhaltensweisen der Menschen ausgerichtet ist, ist nicht ohne Datenanalysen zu haben. Daten müssen als zentraler Wert im Marketing begriffen werden: Das Internet of Things und Big Data gehören daher fest zusammen. Ohne eine effektive, gewinnbringende Verwaltung der massiv anfallenden Daten wird in Zukunft kein erfolgreiches Marketing mehr betrieben werden können